Ockhams Rasiermesser ist eine während der Scholastik entstandene Regel für die Formulierung von Theorien, die besagt, dass bei der Beschreibung eines Sachverhaltes, die knappste, einfachste und naheliegende Formulierung allen anderen vorzuziehen sei. Zum Beispiel: Sie gehen an einem heißen Sommertag auf die Straße und sehen, dass die Bürgersteige nass sind. Wenn sie dann annehmen, dass der Spritzwagen gerade übers Pflaster gefahren ist, folgen Sie Ockhams Regel. Alle anderen Annahmen nämlich, etwa dass eine spezielle Regenwolke nur die Fußwege bestrich, wären zu kompliziert und zu verwerfen, denn sie würden ein unerklärliches Wettergeschehen voraussetzen.
Das Prinzip von Ockhams Rasiermesser – benannt nach Wilhelm von Ockham (1288-1347) – blieb nicht auf die mittelalterliche Scholastik beschränkt, sondern gilt auch heute noch als ein wissenschaftliches Prinzip, das inzwischen leider viel zu selten angewendet wird. Es findet sich auch im Grundsatz für das Verfassen von Texten wieder: „Sage, was du zu sagen hast, so knapp und verständlich als möglich.“
An dieses Prinzip erinnerte ich mich jüngst angesichts des unsäglichen Geschwätzes in den meinungsbildenden Medien anlässlich der Brexit-Abstimmung in Großbritannien. Dem Anstoß folgend, stellte ich mir Fragen, die jeden Mystiker anwandeln, sobald er kontempliert:
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