
Der „liebe“ Gott ist allmächtig. Er kann Wunder vollbringen. Obgleich seine Wunder hienieden ausschließlich Menschen vollbrachten, sofern man Jesus als Mensch und nicht als Gott versteht. Allmächtig ist ansonsten niemand, nicht mal ein brutaler Tyrann, denn auch er bleibt sterblich und wird gelegentlich an einer Laterne aufgehängt. Die meisten Menschen fliegen auf die Mächtigen, sie bewundern und verehren sie, ja sie himmeln sie an; denn der Abglanz der Macht erhebt auch Ohnmächtige. So scharen mächtige Personen leichthin Anhänger um sich, auch wenn ihre Macht vordergründig nur auf Bekanntheit fußt; schließlich ist Ruhm durchaus ein Machtfaktor.
Macht korrumpiert. Diesem Fakt können sich nur integre Menschen entziehen. Es sind Menschen, die sich nicht von den Vorzügen der Macht bestechen lassen und hierdurch beginnen, ihre Moral zu relativieren, um sich Vorteile zu verschaffen und zu sichern. Gleichwohl bleiben sie wie alle anderen Mächtigen umschmeichelt und erfahren allein dadurch einen freundlicheren Umgang als andere, was wiederum ihr Weltbild positiv färbt. Hierdurch entwickeln sie leicht eine gewisse Selbstherrlichkeit, treten selbstbewusster auf und vermitteln so ihrerseits einen beachtlicheren Status. Ihre Macht strahlt aus, ob sie das wollen oder nicht, wodurch sie attraktiv werden; so wirken selbst unansehnliche Menschen durchaus anziehend. Ja, Macht kann Zwerge in Riesen verwandeln.
Macht ummantelt und schützt den mächtigen, was seinerseits Missbrauch erleichtert. Doch der wird dann meist nicht so benannt, sondern gilt gar als Ausweis rechter Machtausübung. Was kann auch daran verkehrt sein, wenn ausgeübte Macht schmerzt? Nicht umsonst sind Tyrannen von Schmeichlern umgeben, die ihr Lied singen und ihnen nach dem Maul reden. In solchen Momenten wird deutlich, das Macht und ihre Korrumpierung ein Selbstzweck ist. Ich töte die Fliege, weil ich es kann. Ich missbrauche das Kind, weil ich es kann. Ich schlage meinen Nächsten, weil ich es kann.
Kleine wie große Gemeinheiten und Verbrechen nur deswegen zu tun, weil man es kann, ist für viele Mächtige für sich allein schon sexy, was heißt sexuell stimulierend und ihr Ego erregend. Sie genießen das berauschende Gefühl von Macht. Ich bin, und ihr alle seid erst nach mir, sehr weit nach mir. Ein Mensch plustert sich auf, trommelt sich wie vor Freude auf die Brust, wobei das keine männliche, sondern eine rein menschliche Eigenschaft ist. Schon kleine Kinder üben sich darin und Frauen stehen den Männern darin in nichts nach. Ja, oft ist die Machtausübung durch Frauen noch einen Dreh sadistischer, als durch Männer und das nur, weil sie es können.
Macht birgt somit auch etwas autoerotisches, es ist Onanie durch Knechtschaft. Eine durch und durch perverse, jedoch keineswegs außergewöhnliche Dominanz. Wir können sie in Palästen wie in Reihenhaussiedlungen oder Slums beobachten. Ein jeder von uns trägt einen Nukleus davon in sich, niemand ist vor ihrer Versuchung gefeit. Doch ein jeder vermag ihr zu widerstehen, denn sobald sie aufkeimt, spüren wir sie auch körperlich und können ihr Hautgout atmen; es ist dieser süßfaule Duft der Verderbnis, der die Bosheit begleitet. Dieser Verlockung nachzugeben ist eine gewollte und überlegte Entscheidung. Man spürt die Schwelle, die man übertreten, die Schranke, die man einreißen wird. Wir können es tun, doch wir können es auch unterlassen. Wir haben die Macht.
Falsch ausgeübte Macht ist allerdings nicht mehr sexy, sondern abartig und verdorben. Sie ist und bleibt abnorm und hässlich; auch wenn das die Claqueure der Macht nicht wahrhaben wollen.