Fein und fürchterlich

Predigt © Matthias Mala

Predigten haben etwas einlullendes; sie kreisen meist monothematisch um einen Punkt, und ihr Kreisen wird zum Kreißen, und am Ende gebären sie eine Seifenblase an Erkenntnis, die kurz darauf platzt, sprich die Quintessenz, das heißt der fünfte Aufguss mystischer Verzückung, verpufft lautlos als feuchtes Lüftchen. Zurück bleibt nichts, außer allenfalls der Durst nach erneuter spiritueller Anmutung und belangloser Verzauberung; weswegen man sich am nächsten Sonntag wieder zur Kirche begibt, um demselben Prediger zu lauschen.

In meinem Sprengel predigt ein narzisstischer Priester, der sich mit jeder Predigt so schamlos in Selbstverzückung ergeht, dass man meint, ob dieser Leidenschaft müsse er, wenn nicht ausschließlich von sich doch auch vom Heiligen Geist beseelt sein. Also reisen Gläubige von weither, um ihn zu erleben und ihm zu lauschen. Seine Kirche ist auch stets gut gefüllt. Sie ist wie anderswo eine In-Kneipe eine In-Kirche. Man kommt und findet es doll, dabei gewesen zu sein, einen Priester beinahe beim evangelikalen Zungenreden erlebt zu haben.

Diesmal ging es um Trost, nicht in dieser Pfarre, sondern bei der Predigt zum 3. Advent Weiterlesen

Der Zauber liegt im Auge des Betrachters

Sehen bis Nichts © Matthias Mala

Sehen bis Nichts © Matthias Mala

Jetzt, wo die Tage immer kürzer werden und die Finsternis immer tiefer wird, erinnere ich mir das 70. Lied des Stundenbuches der weißen Magie. Es fügt sich angemessen in die dunkle Zeit, nicht als Keim einer Hoffnung – das wäre banal -, sondern als erleuchtendes Moment, um die Finsternis mit all ihren Schatten anzunehmen und seinzulassen, was sie ist, nämlich notwendiger Gegensatz zu dem was ist. Oder um es anders auszudrücken, jegliches Wissen steht im Schatten des Nichtwissens, so wie jede Erkenntnis im Schatten der Erkenntnislosigkeit steht.

Losung

Die Welt, die die Welt trägt, ist der Welt ein Gegensatz. Doch der Geist, der diese Welten samt ihres Gegensatzes trägt, steht zu nichts im Gegensatz. Er ist von der Kraft ursprünglichen Seins, die beiden Welten ihren Odem spendet.

Versenkung

Ein Jüngling führte einen Blinden. Der Blinde fragte ihn, was er sehe. Der Jüngling beschrieb ihm die Dinge auf ihrem Weg. Doch der Blinde war darüber unzufrieden: „Du erzählst mir nicht mehr, als ich ertaste. Kannst du denn nicht die Seele der Dinge mit deinen Augen sehen?“ „Wie sollte ich das?“, entgegnete der Jüngling. „Du musst die Welt mit anderen Augen sehen“, meinte der Blinde. „Wie soll ich die Welt mit anderen Augen schauen? Ich habe nur diese“, klagte sein Führer. „Dann sieh sie mit meinen Augen“, riet ihm der Blinde. „Wie soll ich sie mit deinen Augen sehen, wo du die Welt durch meine Augen siehst?“, lachte der Jüngling. „Sieh mit deinem Herzen“, antwortete der Blinde. Der Jüngling schwieg darauf und sah. Nach einer Weile seufzte der Blinde dankbar und sagte: „Ja, so schön ist die Welt, erzähl mir mehr davon.“ Sein Führer betrachtete weiter schweigend die Welt. Und beide wandelten auf dem Pfad und wer sie sah, vermochte nicht zu sagen, welcher der beiden Sehenden der Blinde sein sollte.

Will ich den Grund hinter meinen Empfindungen sehen? Und will ich auch hinter diesen Grund blicken?

 Stimmung

Mit Leichtigkeit führe ich den Stab von der Einheit zur Zweiheit; hebe ihn zur Dreiheit, um ihn in der Vierheit zu senken. Springt die Kraft über, sehe ich das Kristall des Fünfsterns. Sehe, wie es sich in sich beständig wechselnd verkehrt und die Kraft kaskadengleich befördert. Ich bitte um die Einsicht, die Einsicht in mir wirken zu lassen.

Das Stundenbuch der weißen Magie können Sie hier beziehen, es kommt, sofern Sie es bis Ende der Woche bestellen, noch vor Weihnachten bei Ihnen an.