
Ich schwimme regelmäßig dreimal die Woche. Anfang November schwamm ich wie gewohnt und wie gewohnt bekam ich Wasser in die Ohren. Doch diesmal wollte es offensichtlich nicht mit ein wenig Kopfneigung und Handtuchtupferei verschwinden. In der Nacht auf Sonntag begann das linke Ohr so zu schmerzen, dass meine Frau nach dem Bereitschaftsarzt telefonierte. Er kam schließlich gegen zwei Uhr. Er dauerte mir, denn er war völlig übermüdet. Ich teilte ihm mein Mitgefühl mit. Er fragte nach der Befindlichkeit des Ohrs und ließ ein Rezept für antibiotische Tropfen zurück. Der Bereitschaftsarzt hatte seine Praxis 240 Kilometer entfernt in Schweinfurt, wie ich vom Rezept ablas. Das erklärte zum einen seine Übermüdung und verwies zum anderen auf den miserablen Zustand unseres Gesundheitssystems.
Mitte der kommenden Woche war die Befindlichkeit immer noch im Ohr, weshalb ich dann donnerstags beim HNO-Arzt anrief. Am Dienstag drauf hatte ich einen Termin. Der Ohrenarzt schaute mir ins Ohr und zog ein Schirmchen vom Hörgerät heraus. So ein Schirmchen ist aus weichem Kunststoff und hat etwa einen Zentimeter Durchmesser. Es dient dazu, den Lautsprecher des Hörgerätes im Ohr zu fixieren und so auch das Hörgerät in seiner Position hinter dem Ohr zu stabilisieren. Es sah zerquetscht und orangefarben verbacken aus. Es war eine cremige Mischung aus Blut und Cerumen – Ohrenschmalz –, die das milchige Weichplastik umhüllte. Das Schirmchen wurde, nachdem es beim Ablegen des Hörgerätes im Gehörgang steckenblieb, vom nächsten Schirmchen noch tiefer ins Ohr gedrückt, so dass es hinter dem Knick des Gehörganges verschwand und von außen nicht mehr zu sehen war. Deswegen konnte meine Frau es auch nicht sehen, wenn sie mir die Ohrtropfen ins Ohr träufelte. Sie sah nur, dass der Ohreingang wegen der Schwellung durch die entstandene Entzündung verengt war.
Das eigentliche Malheur lag indes etwa sechs Wochen zurück, als mir beim Herausnehmen der Hörgeräte ein Schirmchen am Hörer fehlte. Da ich es nicht fand, dachte ich, es wäre vom Hörer abgefallen, auf den Teppich gepurzelt und dort im Flor versunken. Das zweite Malheur war, dass mir der Schweinfurter Arzt nicht ins Ohr gesehen hatte, denn dann wäre die Ursache meiner Ohrentzündung bereits eine Woche früher entfernt worden.
So sind sie eben die Fährnisse des Alters. Man braucht Hilfen: Hörhilfen, Sehhilfen, Gehhilfen und so weiter und alle bergen in sich Gefahren, so stellte ich schon mal beim Spazieren mit meinen Gehstock anderen ein Bein oder sah, wie andere über ihren Rollator stürzten. Ja, Hilfe kann überhaupt gefährlich sein, denn was da oft mit guter Absicht vorgetragen wird, entpuppt sich am Ende als der Beginn eines Raubzuges. Man denke nur an die „Staatshilfen“, die wir alle über unsere Steuern bezahlen müssen. Keiner ist davon ausgenommen, denn sieben oder 19% Mehrwertsteuer sind bereits eine hübsche Steuerquote, die ein jeder für seinen Konsum berappen muss, damit ihm am Ende Vater Staat mit ein paar Euro helfen kann.